Stellungnahmen der Partein zum NPK-Forderungskatalog

Ungeachtet der Aufregung um Edward Snowden und der durch ihn aufgedeckten Abhörskandale blieb es im Sommer 2013 zum Thema Netzpolitik in Österreich erstaunlich ruhig. Lediglich die ÖVP machte mit ihrer Forderung von Netzsperren kurz auf sich aufmerksam. Und auch der Ruf des Zeitungsverbands nach einem Internet-Ministerium verhallte schnell im Getöse des Wahlkampfs.

Angesichts der Entwicklungen der letzten Jahre – Wikileaks, Urheberrechtsverschärfungen sowie fundamentale Veränderungen in unserer von Informationstechnologien geprägten Welt – sorgt die Ignoranz der österreichischen Politik gegenüber den Rahmenbedingungen der digitalen Kommunikation für stetig wachsenden Unmut. Aus diesem Grund hat sich der Netzpolitische Konvent der Österreichischen Zivilgesellschaft schon im Frühjahr 2013 als breitenwirksame Initiative zum Thema Netzpolitik gegründet. In weiterer Folge wurde ein Katalog konkreter Forderungen erarbeitet und der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Zuge der Kampagne wurden die österreichischen Parteien zu den vier Kernthemen Netzneutralität, Datenschutz und Recht auf Privatsphäre, Offene Daten und Offenes Wissen und Urheberrecht um ihre netzpolitischen Standpunkte gebeten, die im folgenden in einem zusammenfassenden Überblick abgebildet sind.

Als erste Partei meldete sich die SPÖ mit einem umfangreichen und genauen Feedback zu den Forderungen. Im Wesentlichen unterstützt die SPÖ die Forderungen des Netzpolitischen Konvents. In Punkto Netzneutralität gibt es keine wesentlichen Unterschiede zu den Forderungen der SPÖ die für eine Garantie der Netzfreiheit/Netzneutralität einsteht. Zum Thema Datenschutz und Recht auf Privatsphäre gibt es ein klares Statement "Ja, wir benötigen eine durchsetzungsfähige Behörde für Datenschutz". Ob dies leere Wahlversprechen oder ein tatsächliches Commitment zum besseren Schutz der Privatsphäre ist, wird sich zeigen. Zum Thema offene Daten und offenes Wissen sieht die SPÖ vor allem im Bereich Open Government "keine technische Frage, sondern eine Frage der Haltung". Die SPÖ hält überdies das Amtsgeheimnis für eine antiquierte Einrichtung und für nicht mehr zeitgemäß. Zum Thema UrheberInnenrecht gibt die SPÖ an, dass durch die Einführung einer "Fair Use"-Schranke eine faire Vergütung für Kulturschaffende bzw. UrheberInnen sicher gestellt werden soll. Zudem steht die SPÖ für eine Stärkung der Position der KonsumentInnen und eine Entkriminalisierung von Filesharing. Trotz der klaren Worte, die die SPÖ hier zum Thema verliert, hat die Kanzler-Partei in den letzten Jahren dazu wenig bis gar nichts getan.

Als nächste Partei antworteten Die Grünen, wenig informativ, mit einem Verweis auf deren Website. Erst auf Nachfrage wurde konkret auf den Forderungskatalog eingegangen - und selbst dann im Detail nur auf das Thema UrheberInnenrecht. Hier wird vor allem die Forderungen nach einer Entkriminalisierung der EndnutzerInnen und der digitalen Alltagskultur unterstützt. Im Urheberrecht wird der Katalog der Ausnahmen für die "freie Nutzung" urheberrechtlich geschützter  Werke  (derzeit etwa für Bildungszwecke oder für den privaten Gebrauch) ausgeweitet, um Paraphrasen, Remix oder Sampling bestehender Werke zu erleichtern und daraus Neues zu schaffen.

Die ÖVP gibt an, dass die "gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität Teil des Wahlprogramms ist und in der nächsten Legislaturperiode im internationalen Gleichklang umgesetzt werden soll." Zum Thema Datenschutz strebt die ÖVP eine Regelung auf EU-Ebene an. Wie "Michael Spindelegger betont – ein Menschenrecht auf Datenschutz." Zum Thema Urheberrecht " lehnt es die ÖVP ab, RechteinhaberInnen zu "enteignen, indem die beliebige Verwendung ihrer Werke freigeben wird". Bezüglich der Konvents- Forderung nach einer durchsetzungsfähigen Behörde für Datenschutz gibt es kein klares Statement von der ÖVP. "Hier sind die derzeitigen Kompetenzen und Ressourcen zu evaluieren und gegebenenfalls aufzuwerten." Zu dem noch vor wenigen Monaten bei der ÖVP beliebten Thema der Netzsperren wurde erstaunlicherweise kein Wort verloren.

Das BZÖ hat zuerst als Antwort den Entschließungsantrag eines Gesetzesentwurfes zur Umsetzung des "Open Government Data" Konzepts geschickt. Erst nach weiterem Nachbohren wurde konkret auf den Forderungskatalog eingegangen. Vor allem zum Thema Privatsphäre spricht sich das BZÖ aus: "Das BZÖ fordert unverzüglich die kompromisslose Sicherstellung von Datenschutz und Privatsphäre im Internet." Zum Thema Offen Daten sind auch klare Worte zu hören, allerdings sollen Daten nur österreichischen Bürgern z.B. durch ausweisen mit einer Bürgerkarte kostenlosen Zugang zu den Inhalten erhalten. Jede Art der Nutzung durch vor allem Internationale Unternehmen soll vergütet werden. Dies "unterbindet, dass findige Geschäftemacher aus der Nutzung von kostenlosen Daten Angebot ohne Mehrwert erstellen dafür dann Geld kassieren." Freier Zugang und Transparenz ja, aber nicht für alle. Zudem soll eine Balance zur komplexen Materie des Urheberrechts gefunden werden. Einer Entkriminalisierung des Users stimmt das BZÖ zu, trotzdem soll das altbewährte Vergütungsmodel erhalten bleiben "kommerzielle Weiter-Verwendungen von Werken eines Urhebers sollen auch international zu Tantiemen führen" um "geistige Leistung als Produkt der Zukunft attraktiv zu halten" Wie erwartet gibt sich das Bündnis für die Zukunft wenig progressiv und hinkt den Anfordernissen der Zeit hinterher.

Von den anderen derzeit im Parlament vertretenen Parteien wurde trotz mehrmaligen Nachfragens kein Feedback erhalten. So enthielt sich die FPÖ einer Aussage, was nicht weiter verwundert, da die Partei ja nicht gerade für ihre netzpolitischen Interessen und Positionen bekannt ist. Zum Glück liegen aber entsprechende Informationen aus der Wahlkabine 2012 vor. So gibt die FPÖ zum Thema Netzneutralität an "Netzneutralität wirkt Monopolisierungstendenzen entgegen und ist technischer Ausdruck einer notwendigen Unabhängigkeit". Skeptisch steht die FPÖ der Onlineteilnahme an Wahlen oder Volksbegehren gegenüber. Die Partei, die ja einen Sinn für Verschwörungstheorien aller Art hat, wittert bereits den großen Wahlbetrug hinter einen solchen Möglichkeit. Eine transparente Verwaltung wird zwar grundsätzlich für Gut befunden, trotzdem aber ausgeschlossen, da es einen zu großen Verwaltungsaufwand und Kosten bedeutet. Sparefroh vor Transparenz also.

Es sei gesagt, dass die Entkriminalisierung des Endusers, wie sie im Forderungskatalog des Netzpolitischen Konvents verankert ist, einen zentralen Punkt in vielen der Statements (SPÖ, Grüne, BZÖ) darstellt, doch blieben die Parteien konkrete Lösungsansätze weitestgehend schuldig. ÖVP und FPÖ, beide große Verfechter populistischer Law&Order-Ansätze (so es die Situation erfordert), scheinen kein Problem mit dem Zustand des Generalverdachtes für die Bevölkerung zu haben.

Vom Team Stronach erfolgte keine Stellungnahme.

In weiterer Folge wurde auch außerparlamentarisches Feedback von der KPÖ, den Neos und der Piratenpartei eingeholt.

Die KPÖ unterstützt die Forderungen zum Thema Netzneutralität und Datenschutz und Privatsphäre zu 100 %. Bezüglich des Punktes "Offene Daten und Offenes Wissen" stimmt die KPÖ nur teilweise zu, da der Partei die Forderungen nicht weit genug gehen. Laut KPÖ sollen alle Informationen öffentlich und gratis zugänglich sein, "nicht nur Lehr- und Lernunterlagen an öffentlichen Bildungseinrichtungen". Zudem hat laut KPÖ das "UrheberInnenrecht in seiner heutigen Form" absolut keine Existenzberechtigung. Trotz der Standpunkte wie sie die KPÖ hier vertritt kann auf deren Website kein einziger Punkt im Wahlprogramm zum Thema Netzpolitik gefunden werden.

Die österreichische Piratenpartei, welche sich aktiv mit dem Thema Netzpolitik beschäftigt, bemüht sich seit Gründung der Partei um einen öffentlichen Diskurs über dieses Thema. Im Allgemeinen decken sich die Forderungen des Netzpolitischen Konvents mit den Kernpunkten des Programms der Piratenpartei. Im Konkreten, und auf die Hauptpunkte des Forderungskatalogs bezogen, wird eine gesetzlich verankerte Netzneutralität, die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung, die Ausweitung des Briefgeheimnisses auf ein Kommunikationsgeheimnis, ein modernes Transparenzgesetz und eine Urheberrechtsreform gefordert. Naturgemäß die wichtigsten Fürsprecher der netzpolitischen Forderungen des Konvents, scheinen bei den Piraten Organisation und politische Schlagkraft nicht ganz ausgereift. Nichtsdestotrotz eine willkommene Erscheinung in der politischen Landschaft.

Die NEOS unterstützen die Forderungen des Netzpolitischen Konvents vollinhaltlich. Zudem wolle man am Beginn der kommenden Legislaturperiode eine überparteiliche Initiative aus Parlamentariern initiieren, die noch 2013 Gesetzesvorschläge erarbeiten und so schnell wie möglich umsetzen soll. Nägel mit Köpfen, könnte man meinen. Andererseits fanden sich weder auf Website noch im Parteiprogramm der Neos überhaupt Verweise auf Netzpolitik. Man war jedoch sehr angetan von der Formulierung des Forderungskatalogs. So sehr, dass angefragt wurde ganze Textpassagen wortwörtlich in das Parteiprogramm aufnehmen zu dürfen. Es stellt sich die Frage nach Erkenntnis oder Ruhigstellung politischer Forderungen durch Echo.

 

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" Die Forderungen wurden von bisher fast 1000 engagierten BürgerInnen, WissenschaftlerInnen, KünstlerInnen, Kulturschaffenden, TechnologieexpertInnen und VertreterInnen zivilgesellschaftlicher Initiativen online unterzeichnet"